“Ich vermisse die Schüler und den Unterricht schrecklich!”

Start der Mini-Serie: Was pensionierte Lehrkräfte so treiben – Dorothee Häußge mit über 40 Dienstjahren

Vor einem Jahr wurden an der Augustinerschule vier Lehrkräfte in den Ruhestand verabschiedet, die zusammen fast 100 Jahre am traditionsreichen Friedberger Gymnasium unterrichtet hatten. Dass darüber nicht berichtet wurde, ist fast ein Skandal und Grund genug, die nun schon fast als professionell zu bezeichnenden Pensionäre zu besuchen und sie zu fragen, was sie so treiben – und auch ihr Wirken an der Schule nachträglich zu würdigen.

Den Auftakt zur vierteiligen Mini-Serie macht Dorothee Häußge. Die Mathematik- und Erdkunde-Lehrerin trat zu Beginn des Schuljahres 1980/81 in das Kollegium der ASF ein, sollte also anschließend 39 Jahre dort verbringen und letztlich auf über 40 Dienstjahre kommen. Der als sehr hilfsbereit geltenden Lehrerin sagte man ein gutes Händchen für schwierige Klassen nach. Dabei kam ihr zugute, dass sie Methoden- und Kommunikationskompetenz zu ihrem Schwerpunkt gemacht hatte. Sie unterrichtete einige Jahre sogar fachfremd Deutsch und Sozialkunde, als Not am Mann, oder besser an der Frau war. Auch für das Kollegium setzte sie sich in hohem Maße ein, wofür ihr jahrelanges Engagement im Personalrat, dessen Vorsitzende sie im Herbst ihrer Karriere war, Beleg ist. Was vielen wohl am meisten in Erinnerung bleibt, ist ihr Wirken in der Schulbibliothek, deren Leitung Gegenstand ihrer Oberstudienratsstelle war, sowie die Mitwirkung an diversen Musical-Projekten, beispielsweise “Die schlaue Augustine”, das 1993 anlässlich des 450. Geburtstags der Schule uraufgeführt wurde.

Heute ist sie sozusagen “doppelte Ehemalige”, denn sie war auch Schülerin an der ASF, wo sie, übrigens selbst Tochter des ehemaligen  Lehrers Fritz Kröll, 1971 ihr Abitur machte. In der V.E.A., der Vereinigung Ehemaliger Augustinerschüler, ist sie seit 2013 Erste Vorsitzende.

Die Schüler und den Unterricht (“Vor allem Mathe!”) vermisst Häußge nach eigenen Angaben “schrecklich”. Um dem entgegenzuwirken, gibt sie weiterhin Nachhilfestunden in Mathematik – und  hat sogar angefangen, ein Fachbuch zu schreiben: “Das habe ich meinen Schülern schon vor Jahren versprochen!”
Ansonsten ist sie zuhause gut eingespannt, Haus- und Gartenarbeit sind Dinge, die ungeachtet der Pensionierung von gleichbleibender Aktualität sind; gleiches gilt für das Ausführen des Hundes. Ästhetischen Aspekten widmet sie sich in Form von Handarbeit, des Weiteren einer schönen Handschrift in Form von Kalligraphie. Eine wichtige Rolle hat für Dorothee Häußge schon immer die Musik innegehabt: Sie spielt Klavier und Gitarre und singt in zwei Chören – wenn nicht gerade Corona-Zeit ist. Dieser Pandemie fiel auch das angestrebte Reisen teilweise zum Opfer, drei Wochen Herbsturlaub im Schwarzwald fanden jedoch noch ohne die jetzt geltenden Einschränkungen statt. Dennoch kann sie Corona etwas Positives abgewinnen, nämlich eine gewisse Entschleunigung sowie “mehr Miteinander”. Ihre handarbeitlichen Fähigkeiten konnte sie dabei zum Wohle anderer einsetzen, indem sie ungefähr 90 Masken für Familie, Freunde und Nachbarn nähte. Unabhängig von der Pandemie versucht Häußge, für ihre Gesundheit zu sorgen, damit sie ihre Zeit genießen kann – “wenn ich das mal gelernt habe”, wie sie selbst sagt.

 Heiko Weber