– Die Klasse 6e der Augustinerschule nimmt am diesjährigen Schulprojekt „Response“ der Musikhochschule Frankfurt teil
„Zajdno smo jaki! Tout a du temps! Jeder ist unterschiedlich!“ – Ungewohnte Klänge, Stimmen und Geräusche sind zur Zeit in der Augustinerschule Friedberg zu hören, wenn die Klasse 6e Musikunterricht hat. Denn die Schülerinnen und Schüler nehmen am diesjährigen Schulprojekt „Response“ der Musikhochschule Frankfurt teil. Dieses Projekt findet alle zwei Jahre statt. Bewerben können sich Klassen aus allen Jahrgängen und Schulstufen in Hessen und Thüringen. Zu einem vorgegebenen Thema entwickeln Schülerinnen und Schüler unter Anleitung von Komponisten und Interpreten Kompositionen und Improvisationen, die sich auf ein oder mehrere Referenzwerke zeitgenössischer Komponisten beziehen, auf diese antworten oder auch deren Ideen verarbeiten oder weiterentwickeln.
In diesem Jahr ist das Thema „Wenn Sprache zu Musik wird“, Referenzwerke sind Stücke der zeitgenössischen Komponisten Peter Eötvös (*1944) und Georges Aperghis (*1945). Was diese verbindet, ist, dass sie auf ihre Weise den Grenzbereich zwischen Sprache und Musik auszuleuchten versuchen.
An diesem Donnerstagmorgen hat Musiklehrer Michael Ernst die Generalprobe angesetzt. Dazu wurde zwischen zwei Musikräumen die Zwischenwand entfernt, um einen kleinen Konzertsaal herzurichten, es wurden Stuhlreihen aufgestellt und mehrere Klassen als Zuhörer eingeladen. Auch einige Lehrer sowie Schulleiter Martin Göbler haben sich eingefunden, denn man hat Großes vor: Das entstandene Stück wurde letzten Samstag zum ersten Mal öffentlich aufgeführt, und das im Mozart-Saal der Alten Oper Frankfurt. Dazu sollten aber vorher alle schon einmal ein Gefühl dafür bekommen, wie es ist, wenn man das eigene Stück vor Publikum aufführt. Um den Zuhörern an diesem Morgen den Zugang zu dieser eher ungewohnten Form von Musik etwas zu erleichtern, hatte die Klasse 6e sich ein paar erläuternde Stichworte zurechtgelegt, die von zwei Schülerinnen vorgetragen wurden.
Bis dahin lag ein längerer Weg hinter den Schülern: Angefangen hatte alles im November 2017 mit dem Kennenlernen der Vergleichskompositionen. Da stellten sich zum ersten Mal der Komponist Valentin Haller und die Kontrabassistin Nicola Vock der Klasse vor und loteten mit den Schülern die zahlreichen Möglichkeiten aus, wie man sich dem Thema und damit dem Übergang von Sprache zu Musik und umgekehrt nähern könnte. Dabei wurden Grenzbereiche sowohl der menschlichen Stimme als auch instrumentaler Möglichkeiten berührt und auch bisweilen überschritten. „Ich hätte nicht gedacht, dass man den Klang von Wörtern wie `Tandem´ oder ´Sonne´ auch mit Gegenständen nachmachen kann“, stellte ein Schüler fest. Schließlich begann die Klasse nach ihren Vorlieben mit Sprache, Stimme, Instrumenten und Gegenständen zu experimentieren. Jede Schülerin und jeder Schüler brachte einen Textvorschlag ein, mit dem anschließend gearbeitet werden konnte. Von Gedichten über Rezeptvorschläge bis hin zu Gesetzestexten sowie der Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin war dort alles enthalten.
Von allen diesen Vorschlägen sind Reste in der endgültigen Komposition übriggeblieben, manche in ihrer originalen Gestalt, andere stark verfremdet oder auch instrumental umgeformt und abgebildet. „Der Weg ist das Ziel“, sagt Komponist Valentin Haller. Denn die fertige Komposition ist eher eine Momentaufnahme eines Prozesses, bei dem sich die Schülerinnen und Schüler in der aktiven Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik auf der einen Seite und dem Suchen und Ausprobieren von eigenen Ausdrucksmöglichkeiten auf der anderen Seite befinden. Dazu bedarf es nicht nur der Kreativität, genauso wichtig sind soziale Fertigkeiten, denn man muss sich gegenseitig gut zuhören und auf einander eingehen, um das eigene Stück voranzubringen. Nicht nur der Kompositionsprozess erfordert viel Mühe, sondern auch der Umstand, dass die Klasse zum Interpreten des eigenen Stückes wird und dieses natürlich so gut wie möglich aufführen möchte.
Alle Schüler der 6e sind in das Stück, dem sie den Titel „Zusammen sind wir stark“ gegeben haben, eingebunden, manche sprechen und verzerren Texte, manche spielen auf Instrumenten, andere setzen die Geräusche von Alltagsgegenständen ein, um zu musizieren. Eine Schülerin dirigiert, denn viele Einzelaktionen sind zu koordinieren.
Die Generalprobe verlief vielversprechend, kleine ‚Wackler’und Unsicherheiten wurden gekonnt überspielt und der Applaus der Zuhörer war groß. Die Alte Oper konnte kommen!
Michael Ernst