In der Wanderwoche vor den Herbstferien ging es für die Jahrgangsstufe 12 der Augustinerschule im Rahmen einer dreitägigen fächerübergreifenden Studienfahrt nach Weimar und Jena. Mit drei Reisebussen fuhren wir bereits früh los. Für den Deutsch-Leistungskurs war am ersten Tag eine Führung in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek vorgesehen, während ein anderer Teil der Stufe in Jena die Imaginata besuchte.
Die Bibliothek empfanden die jungen Literaturinteressierten als sehr eindrucksvoll, vor allem den Rokokosaal und die Vorstellung, dass dort einmal das berühmte Viergestirn der Weimarer Klassik ein- und ausgegangen sei. Auch der besondere Einblick in die weitläufigen Räumlichkeiten der Bibliothek und das unterirdische Sortierungssystem waren sehr imposant. Die Wohnhäuser Goethes und Schillers wollte sich der Deutschkurs selbstverständlich auch nicht entgehen lassen, sodass die Freizeit am Nachmittag auch noch in eine Besichtigung dieser Gebäude investiert wurde. Es war sehr faszinierend, sich das Leben der Schriftsteller in ihrer gewohnten Umgebung vorzustellen und die Entstehungsorte vieler bekannter Texte mit eigenen Augen zu sehen. Abgerundet wurde der Tag mit einem gemeinsamen Abendessen in den jeweiligen Tutorenkursen.
Am Mittwoch besuchten wir dann alle gemeinsam die KZ-Gedenkstätte Buchenwald ganz in der Nähe unserer Unterkunft in Weimar. Zu Beginn wurde uns ein Film gezeigt, in dem ehemalige Häftlinge von ihren Erlebnissen berichteten. Veranschaulicht wurde das Ganze durch Originalaufnahmen und Erzählungen. Es war beeindruckend und zugleich erschütternd, dass recht viele Gebäude noch so existieren, wie sie in den Filmaufnahmen gezeigt wurden. Nach dem halbstündigen Film liefen wir in Kleingruppen, zusammen mit Mitarbeitern der Gedenkstätte, über das Gelände und besichtigten einzelne Gebäude und hielten immer wieder an und inne. Dadurch konnten wir viele interessante Eindrücke sammeln, die uns auch den restlichen Tag noch sehr beschäftigen sollten. Am meisten blieb uns jedoch der Teil im Gedächtnis, als wir die Öfen anschauten, die zur Verbrennung der Juden und der vielen anderen politisch oder sozial verfolgten Opfer genutzt worden waren. „Alles wirkte sehr düster und wir waren sichtlich mitgenommen“, meinte Rebecca Friedrich aus dem Geschichts-Leistungskurs, sodass letztlich niemand ein Wort sprach. Auch die Größe des Geländes war schockierend, denn obwohl wir nur einen kleinen Teil sahen, mussten wir bei zudem noch kalter Witterung eine riesige Fläche überqueren, um von einem Ende zum anderen zu gelangen. Wie muss das erst damals für die Häftlinge gewesen sein, mit unzureichender Kleidung, hungrig und verängstigt und ohne Hoffnung auf ein gutes Ende stundenlang auf dem Appellplatz zu stehen oder in den umliegenden Orten Zwangsarbeit zu verrichten? Um dies zu erfassen, konnten wir am Ende der Führung noch die Dauerausstellung Buchenwald besuchen, welche die persönlichen Erlebnisse, Überzeugungen, Hoffnungen und Ängste vieler Häftlinge anhand vieler individueller Gegenstände und weiterer Dokumente anschaulich darstellt.
Abschließend hielten wir auf dem Rückweg noch am DDR-Mahnmal von Buchenwald an, das den Namen „Turm der Freiheit“ trägt. Es ist Teil einer groß angelegten Außenanlage um die Gedenkstätte am Ettersberg und zeigt „vom Tod ins Leben“ die Geschichts- und Erinnerungskultur im Zeichen des kommunistischen Widerstandes gegen das NS-Regime im ehemals sowjetisch geprägten Teil unseres Landes.
Am letzten Tag teilten wir uns dann wieder auf, und nun gingen drei Leistungskurse noch auf Schillers Spuren den Ideen der Aufklärung und dem demokratischen Engagement des berühmten Schriftstellers bei Führungen durch sein Wohnhaus im Zentrum Weimars nach, während sich der Rest der Truppe jetzt von optischen Illusionen sowie physikalischen und mathematischen Phänomenen beim Besuch der Experimentierstationen in der Imaginata in Jena inspirieren lassen konnte. „Es war eine gute Mischung aus anschaulichen Vorführungen unseres begeisterten und für alle Fragen offenen Tourleiters und selbst ausgeführten Experimenten, die die eigenen Sinne und die Wahrnehmung förderten. Man sollte auf jeden Fall Zeit mitbringen, wenn man einen Besuch in Erwägung zieht, da es vieles zu entdecken und zu erforschen gibt“, befanden die Schüler und Schülerinnen des Mathe-Leistungskurses.
So wurde bei dieser Studienreise die Vorstellungskraft der 104 zukünftigen Abiturienten und Abiturientinnen ganzheitlich angeregt, denn, so wirbt auch der Stationenpark auf seiner Internetseite: „Ohne Vorstellungskraft sind weder die Leistungen der Physik zu verstehen, noch die Lebensformen anderer Zeiten und Kulturen. Die Imagination inspiriert Maler, Musiker und Schriftsteller, ist überall da, wo sich Neues entwickelt. Sie zu fördern ist eine Investition in die Zukunft.“
Auch der Wetteraukreis beteiligte sich durch einen Zuschuss zu den Fahrtkosten an dieser Investition. Im Namen der Jahrgangsstufe 12 der Augustinerschule sei hierfür herzlich gedankt.
Petra Seipel