3 Tage ostdeutsche Luft

Der vollständige Jahrgang 12 der Augustinerschule Friedberg verbrachte im Oktober eine dreitägige Studienfahrt in Thüringen, um die Kulturstadt Weimar kennenzulernen und vor allem die Gedenkstätte Buchenwald zu besichtigen.

An einem Tag wurde die Imaginata, eine interaktive Physikausstellung, in Jena besucht. Dort gab es eine Führung, in deren Zuge von den Schülern diverse physikalische Experimente durchgeführt werden konnten. Zum Beispiel musste mit einem Fahrrad über ein Drahtseil gefahren und in einem finsteren Labyrinth die eigenen Sinne getestet werden.

Des Weiteren wurde in der naheliegenden Stadt Weimar sowohl das Goethe- als auch das Schiller- Haus besucht. Besonders von der Gruppe des Goethe-Hauses kam die Rückmeldung, dass die Rundführung durch das Wohnhaus und Museum sehr lehrreich und spannend gewesen sei.

Von einem Audioguide geleitet, galt es zunächst, das verwinkelte Wohnhaus von Goethe zu entdecken. Der Audioguide nahm die Perspektive des Sohnes von Goethe ein und erzählte zu jedem Raum eine Geschichte. Somit konnte man sich in das Leben des Dichterfürsten gut hineinversetzen.

Anschließend berichtete die gut aufgelegte Museumsleiterin von den Beziehungen Goethes zu den Frauen, die in seinem Leben eine Rolle spielten, und zu dessen engem Freund Herzog Carl-Augustus.

Auch die Führung durch das Schillerhaus fand das Wohlwollen der Schülerinnen und Schüler, nicht zuletzt wegen eines engagierten Museumsführers. Schiller lebte in jenem Haus mit seiner Familie nur wenige Jahre. Nachdem er bereits ein bewegtes Leben geführt hatte, starb er früh infolge seiner Krankheiten.

Goethe und Schiller verband eine innige Freundschaft, sodass sie schlussendlich sogar im persönlichen Wettstreit Werke verfassten.

Außerdem stand eine Stadtführung durch Weimar auf dem Programm. Hier wurde auch der Bezug zwischen der Weimarer Klassik und deren Instrumentalisierung durch das Naziregime aufgearbeitet.

Der Weg führte zum Goethe-Schiller Denkmal, welches auf dem Platz vor dem Nationaltheater steht. Die Bronzestatur zeigt die Dichter, welche auf Augenhöhe nebeneinander stehen.

Das Theater selbst wurde in Kriegszeiten zu einer Waffenproduktionsstätte umfunktioniert. Heute befindet sich an diesem Ort ein Denkmal, das an die NS-Verbrechen erinnert.

Daraufhin bewegte sich die Gruppe zum Hotel „Elephant“, welches von Hitler als alternatives Rathaus genutzt wurde. Zuletzt besuchten wir das alte Polizeigebäude, in dem zur NS-Zeit die Gestapo stationiert war.

Der Tagesausflug zur Gedenkstätte Buchenwald, in der unmittelbaren Nähe von Weimar, war ein bedrückendes Erlebnis für die jungen Erwachsenen. Sie wurden in Kleingruppen durch das Lager geführt und gingen anschließend in die Dauerausstellung im Museum. Der Tag war sehr aufschlussreich, aber auch erschreckend, weil das Thema Nationalsozialismus das erste Mal greifbar real war.

Die KZ-Häftlinge mussten vom Weimarer Hauptbahnhof 10 Kilometer bis zum KZ marschieren. Anschließend gelangten sie durch das Lagertor mit der Inschrift „Jedem das Seine“ in den Gefangenenbereich.

Direkt hinter dem Eingang befand sich der Appellplatz, zu dem die Gefangenen morgens und abends antreten mussten.

Erschreckend ist, dass vor dem Gefangenenlager ein Zoo mit Bärenzwinger als eine Attraktion für SS-Soldaten und Weimarer Familien errichtet worden war.

Auf dem Gelände selbst befanden sich reihenweise Häuser aus Holz, sogenannte „Blocks“, in denen die Häftlinge auf engstem Raum lebten. Weiter hinten befand sich ein getrenntes „kleines Lager“, das

als Quarantänelager gedacht war. Dort bestanden noch schrecklichere Verhältnisse, sodass massenweise Menschen starben.

Tagsüber mussten die Häftlinge unter unmenschlichen Voraussetzungen arbeiten, beispielsweise im Steinbruch oder in der Waffenproduktion. Hierbei gab es eine Häftlings-Hierarchie, sodass einzelne Häftlinge zu „Aufpassern“ ernannt wurden. Diese gingen oft brutal mit ihren Mithäftlingen um und bespitzelten einander.

Zwar war Buchenwald kein klassisches Vernichtungslager, jedoch starben von 250.000 Menschen mindestens 56.000. Verstorbene brachte man zunächst in die Stadt Weimar, um sie die dort zu verbrennen. Ab 1940 gab es erstmals Verbrennungsöfen im Konzentrationslager selbst.

Im Anschluss wies der Gruppenführer auf eine Nachbildung des „Pferdestalls“ der SS-Soldaten, der später als Genickschussanlage umfunktioniert wurde, hin. Die Häftlinge wurden einzeln zu einer scheinbar ärztlichen Untersuchung gebracht, in Wahrheit aber wurden sie dort erschossen.

Nach der Befreiung wurde die Geschichte gründlich aufgearbeitet und diverse Denkmäler sowie ein Museum errichtet. Erstmals wurde auch ein Frauendenkmal erschaffen, das an die ungefähr 19 weiblichen Gefangenen erinnert. Sie wurden dort von SS-Soldaten und auch von Mithäftlingen sexuell missbraucht.

Das zentrale Denkmal in Buchenwald besteht aus einer Metallplatte, die durchgehend auf Körpertemperatur erhitzt ist. Sie zählt alle Häftlingsgruppen auf. Errichtet wurde sie auf dem Platz des ersten Denkmals, auf dem auch der Buchenwaldschwur geleistet wurde.

Insgesamt war die Fahrt nach Weimar eine aufschlussreiche und emotionale Fahrt. Besonders die Verbindung zwischen Weimar und Buchenwald war deutlich zu spüren. Zwar ließ die Unterkunft in Jena zu wünschen übrig, jedoch hätte niemand diese Fahrt missen wollen.

Auch aufgrund dessen ist die Augustinerschule dem Wetteraukreis, der einen sich mit einem Zuschuss an den Kosten der Fahrt beteiligte, außerordentlich dankbar.

Chiara Palmer und Emily Strohm