Es hätte nichts Gutes und Großes gegeben, wenn jeder stets gedacht hätte: „Du änderst doch nichts!“ – Robert Blum 

Der Mainzer Tino Leo entführt in gleich zehn Rollen die Schülerschaft der Augustinerschule in einem packenden Theaterstück in die Wirren des Vormärzes und der Revolution 1848/49

Die Revolution von 1848/49 jährte sich 2023/24 zum 175. Mal, was sich in den letzten Monaten in vielen Gedenkveranstaltungen und einer verstärkten medialen Aufmerksamkeit niedergeschlagen hat. 

Einen Zugang der etwas anderen Art bietet Tino Leo in seinem Theaterstück „Einigkeit und Recht und Freiheit“, das Anfang November 2023 die Schülerinnen und Schüler der Augustinerschule begeisterte. Leo, der nicht nur der einzige Schauspieler, sondern auch Drehbuchautor und Regisseur des Stückes ist, bezeichnete sich selbst als „Histotainer“, was sich ebenfalls in der Inszenierung zeigt, die sowohl historische Fakten als auch eine fiktive Handlung geschickt miteinander verwebt. 

Das Mainzer Multitalent, bekannt für seine einfühlsamen Inszenierungen historischer Stoffe, hat sich in diesem Werk der Revolution von 1848/49 angenommen – einer Zeit, in der Europa von politischen Umbrüchen und dem Verlangen nach Freiheit und Demokratie erfasst wurde. Das Stück entführt das Publikum u. a. in die Zeit der Barrikadenkämpfe in Berlin, Frankfurt und Wien, bei der die Menschen gegen die Unterdrückung und für ihre Rechte aktiv eintraten. 

Die Handlung folgt einer Gruppe von Protagonisten, die unterschiedliche Perspektiven auf die Revolution einnahmen. Von weniger bekannten Revolutionären wie Johann Adam von Itzstein und Friedrich Hecker bis zu bekannten historischen Persönlichkeiten wie Fürst von Metternich und dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. werden insgesamt zehn Akteure von Leo gespielt, was dem Stück eine eindringliche Tiefe verleiht. 

Besonders beeindruckend ist die schauspielerische Leistung von Leo, der mit viel Hingabe und Überzeugung die Rollen eindrucksvoll verkörpert und dies mit minimalem Einsatz von Requisiten kraft seiner Darbietung, die u. a. durch den geschickten Einsatz von Dialekten und unterschiedlichen Intonationen dem Publikum stets nachvollziehbar macht, welche Rolle er gerade einnimmt. Die emotionalen Höhen und Tiefen, die der Vormärz und die letztlich gescheiterte Revolution 1848/49 mit sich brachten, werden vom Mainzer Schauspieler auf mitreißende Art und Weise vermittelt. 

Das Stück ist nicht nur ein historisches Drama, sondern auch eine Reflexion über die zeitlose Thematik von Freiheit und Gleichheit. Der Mainzer schafft es, die Parallelen zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zu ziehen und das Publikum dazu anzuregen, über die Bedeutung von Engagement und Veränderung nachzudenken, was sich nach der 45-minütigen Darbietung in einer angeregten Diskussion zwischen dem Schauspieler und der Schülerschaft zeigte, in der dieser u. a. den Entstehungsprozess des Stückes schilderte, aber auch den Einsatz von Gewalt für revolutionäre Prozesse kritisch reflektierte. 

Insgesamt brachte das Theaterstück geschickt historische Ereignisse und Prozesse auf die Bühne und bietet somit viele Anknüpfungspunkte für die Weiterarbeit im unterrichtlichen Kontext.  

Mit Itzstein von der Mainzer Republik zur Frankfurter Paulskirche – und wieder zurück, oder: Auf Spurensuche nach den Wurzeln der Demokratie im rheinland-pfälzischen Landtag 

Eigens für den Vorleistungskurs Geschichte der E-Phase, der aufgrund von Klausuren an der Aufführung des Theaterstücks an der Augustinerschule nicht teilnehmen konnte, wurden auf ausdrücklichen Wunsch des Schauspielers noch letzte Plätze für eine weitere Aufführung organisiert. 

Allerdings handelte es sich hierbei nicht um eine gewöhnliche Inszenierung, fand sie doch im Deutschhaus in Mainz, dem Sitz des Landtags von Rheinland-Pfalz statt. Wohl kaum ein anderer Ort dürfte sich neben der Paulskirche für dieses Theaterstück anbieten. Mit dem Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent richtete noch vor der Frankfurter Nationalversammlung die kurzlebige Mainzer Republik (1792/93) genau hier das erste nach demokratischen Prinzipien gewählte Parlament auf deutschem Boden ein. Hier war es auch, wo der noch junge Jurastudent Johann Adam von Itzstein seine ersten politischen Gehversuche unternahm und den Diskussionen der politischen Klubs beiwohnte. Unter den zehn Rollen des Stücks hatte Leo gerade ihn als späteren Revoluzzer von 1848/49 besonders hervorgehoben und um ihn herum die Rahmenhandlung entwickelt. Ein letztes Mal konnte somit die Figur an ihre frühere Wirkstätte zurückkehren, wodurch gewissermaßen in der Person Itzsteins mit dem Deutschhaus in Mainz sowie der Frankfurter Paulskirche gleich zwei bedeutsame Demokratieorte deutscher Geschichte sinnfällig miteinander verbunden wurden.

Bei den Schülerinnen und Schülern des Vorleistungskurses verfehlte das Theaterstück jedenfalls nicht seine Wirkung. Gleichwohl war es diesmal nicht nur Tino Leo, der sich über den Applaus im Landtag freuen konnte. Bei seinen Dankesworten erwähnte er extra den Friedberger Geschichtskurs und lobte dessen besonderen Einsatz, was die Gäste des Landtags ebenfalls mit einem Applaus goutierten. Die Verköstigung vor Ort, die Führung durch den Plenarsaal des Landtages, bei der die Schülerinnen und Schüler eine der wenigen noch im Original erhaltenen schwarz-rot-goldenen Fahnen des Hambacher Fests von 1832 aus der Nähe bestaunen konnten, sowie die kurze Gelegenheit zum Austausch mit dem Vizepräsidenten und vor allem mit Tino Leo rundeten schließlich die Exkursion zum Theaterstück zur Deutschen Revolution von 1848/49 im Mainzer Landtag ab.